BGH urteilt zur Beratung bei Zinswetten (swaps)

Der Bundesgerichtshof hat am 22.03.11 (Az: XI ZR 33/10) entschieden, dass eine Bank Schadensatz zahlen muss, weil weil sie den betroffenen Unternehmer nicht ausreichend über die immensen Risiken eines hochspekulativen Zinswettengeschäfts, sog. „Swap“ aufgeklärt hatte.

Durch den Bankberater wurde dem Kunden ein Zinssatz-Swap-Vertrages (CMS Spread Ladder Swap-Vertrag) vermittelt.

Dabei geht es im Prinzip darum, dass der Kunde auf die Differenz einer Zinskurve mit kurzer Laufzeit von 2 Jahren gegenüber einer Zinskurve mit der Laufzeit von 10 Jahren wettet. Durch eine geschickte Ausgestaltung des Geschäftes kalkulierte die Bank von vornherein einen im Produkt angelegten Nachteil zu Lasten des Kunden ein. Während die Bank einen festen Zinssatz von 3% p.a. zu zahlen hatte, sollte der Unternehmer einen variablen Zinssatz zahlen, der über die Laufzeit gerade dann, wenn sich die Differenz zwischen den beiden o.g. Zinskurven starkt verringert, zu einer theoretisch enormen Zahlungslast zu Lasten des Kunden führen kann.Die zu zahlenden Zinsen sollten verrechnet werden, so dass nur derjenige, der einen höhreren Zins zu zahlen hat, dem anderen Geld schuldet.

Der BGH bemängelte, dass die Bank nicht darüber aufgeklärt hatte, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von der Bank ein sog. negativer Marktwert von 4% der Beteiligungssumme (80.000,00 €) einkalkuliert wurde. Dieser negative Marktwert ist Ausdruck darüber, dass der Markt bei Vertragsschluss des Verlustrisiko des Kunden deutlich höher sieht, als das der Bank bzw. die Gewinnmöglichkeit der Bank höher sieht. Es wurde also bemängelt, dass bei der Zinswette der Gewinn der Bank der spiegelbildliche Verlust des Kunden sei. Für die Bank als Partnerin der Zinswette erweist sich der „Tausch“ (engl. swap) der Zinszahlungen nur dann als günstig, wenn ihre Prognose zur Entwicklung der Zinsdifferenz gerade nicht eintritt und der Kunde Verlust erleidet. Jedoch ist ein Berater gerade verpflichtet, die Interessen des Kunden zu wahren.

Die Bank hatte zwar darauf hingewiesen, dass das Risiko „theoretisch unbegrenzt“ sein könne. Die Richter meinten jedoch, dass vorliegend das Risiko jedoch „keinesfalls hypothetisch, sondern real und ruinös“ sein kann. Dies gelte um so mehr, da die Bank ihr Risiko schon dadurch begrenzt hat, weil der vom Kunden zu zahlende Zins wegen der vertraglichen Ausgestaltung nicht negativ sein könne und somit für die Bank kein höherer Zinssatz als die festen 3 % entstehen kann, wo hingegen der vom Kunde zu zahlende variable Zins in erhebliche Höhen steigen kann.

Das Anlagegeschäfts war bewusst zu Lasten des Anlegers gestaltet.

Die Leitsätze lauten:

a)Eine Bank muss bei der Anlageberatung vor der Abgabe einer Empfehlung die Risikobereitschaft des Anlegers erfragen, es sei denn, diese ist ihr aus einer langjährigen Geschäftsbeziehung oder dem bisherigen Anlageverhalten des Anlegers bereits bekannt. Die berufliche Qualifikation einer Mitarbeiterin des Anlegers als Diplom-Volkswirtin lässt für sich allein weder den Schluss auf deren Kenntnis von den spezifischen Risiken des CMS Spread Ladder Swap-Vertrages zu, noch kann allein aus etwaigen vorhandenen Vorkenntnissen auf die konkrete Risikobereitschaft des Anlegers geschlossen werden.

b)Bei einem so hochkomplexen Anlageprodukt wie dem CMS Spread Ladder Swap-Vertrag muss die Aufklärung gewährleisten, dass der Anleger im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank, weil ihm nur so eine eigenverantwortliche Entscheidung darüber möglich ist, ob er die ihm angebotene Zinswette annehmen will.

c)Bei einem CMS Spread Ladder Swap-Vertrag muss die beratende Bank über den negativen Marktwert aufklären, den sie in die Formel zur Berechnung der variablen Zinszahlungspflicht des Anlegers einstrukturiert hat, weil dieser Ausdruck ihres schwerwiegenden Interessenkonflikts ist und die konkrete Gefahr begründet, dass sie ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt.

d)Eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, muss grundsätzlich nicht darüber aufklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Der insofern bestehende Interessenkonflikt ist derart offenkundig, dass auf ihn nicht gesondert hingewiesen werden muss, es sei denn, es treten besondere Umstände hinzu. Solche besonderen Umstände liegen beim CMS Spread Ladder Swap-Vertrag vor, weil dessen Risikostruktur von der Bank bewusst zu Lasten des Anlegers gestaltet worden ist, um unmittelbar im Zusammenhang mit dem Abschluss des Anlagegeschäfts das Risiko verkaufen zu können, das der Kunde aufgrund ihrer Beratungsleistung übernommen hat.

 

Dieses Urteil könnte wegweisend auch für andere Anlagegeschäfte sein. So etwa könnte die Entscheidung durchaus übertragbar auf Anlageprodukte, wie Zertifikate sein, weil letztlich auch dort eine Wette auf Kursverläufe getätigt wird und diese Zertifikate unter Umständen ebenfalls einen aufklärungsbedürftigen negativen Markwert aufweisen.

Die Entwicklung bleibt jedoch abzuwarten.